Tools für qualitative Datenanalyse im Vergleich

30.04.2025

Die qualitative Forschung erlebt gerade einen gewaltigen Innovationsschub. Immer mehr Tools – inzwischen weit über 100 – erleichtern die Auswertung qualitativer Daten. Vielen davon integrieren KI. Doch nicht jedes Tool hält, was es verspricht, und die Unterschiede sind erheblich. Gerade in Zeiten knapper Ressourcen und wachsender Anforderungen ist es wichtiger denn je, genau hinzuschauen.

In diesem Artikel konzentriere ich mich auf fünf Tools, die ich nach klaren Kriterien verglichen habe: Usability, Funktionstiefe, Datenschutzkonformität, Analysequalität (sofern erkennbar) und Unterstützung bei der Ergebnisdarstellung. Alle vorgestellten Lösungen sind DSGVO-konform und damit auch für sensible Projekte in Deutschland und Europa geeignet.

Wichtig vorab: Diese Tools können Routineaufgaben wie Transkription, Codierung und Clustering enorm erleichtern. Sie können Vorschläge machen, Strukturen sichtbar machen und erste Zusammenfassungen liefern. Was sie nicht ersetzen: Forschungskompetenz, Interpretation, kritische Reflexion und die strategische Ableitung von Insights.

Automatisierung ja – aber der forschende Verstand bleibt unverzichtbar.

1. Quillit

Quillit fokussiert sich auf die automatische Erstellung strukturierter Research-Reports und ist damit besonders für KMU geeignet, die über wenig oder keine Ressourcen im Research Bereich verfügen. Ein nettes Feature ist, dass Zitate den Videos direkt zugeordnet werden. Das erlaubt es den Stakeholdern einen direkten Eindruck aus den Interviews zu vermitteln.

Stärken:

  • Lässt sich gut anbinden an Teams, Zoom oder andere Erhebungsinstrumente
  • Automatisierte Transkription und Interviewauswertung mit KI in vielen Sprachen
  • Fokus auf Insight-Synthese & Ergebnispräsentation

Schwächen:

– Noch in Entwicklung / eingeschränkter Funktionsumfang

– Begrenzte Integration in andere Systeme

– Wenige öffentlich dokumentierte Use Cases

2. CoLoop

CoLoop ist mit Quillit vergleichbar. Auch hier liegt der Schwerpunkt auf der automatisierten qualitativen Analyse. Mittels Chatbot-Interaktion mit den Daten und einem Analyse-Grid für systematische Mustererkennung lassen sich die Interviews leicht explorieren.

Stärken:

  • Präzise automatische Transkription und schnelle thematische Analyse
  • Interaktive Chat-Funktion für gezielte Insights
  • Hohe Benutzerfreundlichkeit, ideal auch für Einsteiger:innen

Schwächen:

– Um DSGVO Konformität sicherzustellen sind weitere Einstellungen erforderlich.

– KI-Zusammenfassungen können wichtige Nuancen übersehen.

– Gutes Prompt Engineering erforderlich

3. NVivo

Wer der KI weniger traut, kann auf diesen Klassiker unter den qualitativen Analyse-Tools zurückgreifen, der nun ergänzt wird um KI-gestützte Funktionen (AutoCoding, Themenvorschläge).

Stärken:

  • Sehr leistungsstark für Mixed Methods und Tiefenanalyse
  • Seit Jahren etabliert in Wissenschaft und Großprojekten
  • Umfangreiche Visualisierungs- und Exportfunktionen

Schwächen:

– Steile Lernkurve, komplexe Bedienung

– Fokus auf Desktop-Lösungen

– UI nicht ideal für schnelle UX-Research-Prozesse

4. ATLAS.ti

Vergleichbar mit NVivo ist ATLAS.ti. Es kombiniert traditionelle qualitative Forschung mit neuen KI-Elementen und ist besonders stark bei multimodalen Daten (Text, Audio, Video). Verhältnismäßig günstiger Einstieg mit der Cloud-Lösung.

Stärken:

  • Mächtige Visualisierungsmöglichkeiten (Netzwerkdiagramme, Kartenvisualisierungen)
  • Mixed-Methods-Analysen möglich
  • DSGVO-konform, sichere Datenhaltung auf deutschen Servern

Schwächen:

– Komplexe Nutzeroberfläche, wenig einsteigerfreundlich

– Hohe Kosten, v. a. für Einzelpersonen und kleine Teams

– Echtzeitkollaboration weniger ausgereift als bei neueren Cloud-Tools

5. Quirkos

Bewusst einfach gehaltenes Tool, ideal für kleinere Projekte. Durch farbenfrohe Themenkreise ("Quirks") und interaktive Visualisierungen können Muster in Texten sichtbar macht. Quirkos ermöglicht intuitives Kodieren, Vergleichen von Quellengruppen und Exportieren von Berichten mit Diagrammen für Präsentationen.

Stärken:

  • Sehr einfache Bedienung und Visualisierung
  • Ideal für erste Projekte oder kleine Datensätze, geringe Kosten
  • Lokale Speicherung oder sichere Cloud mit DSGVO-Konformität

Schwächen:

– Begrenzte Skalierbarkeit bei großen Datenmengen

– Fokus auf manuelle Codierung, wenig KI-Unterstützung

– Eingeschränkter Export- und Berichtsumfang

Fazit

Alle fünf Tools bieten spannende Möglichkeiten – je nach Anwendungsfall:

  • Wer Wert auf Geschwindigkeit und automatisierte Reports legt, sollte sich Quillit und CoLoop anschauen.
  • Wer tiefere Mixed-Methods-Analysen braucht, wird mit NVivo oder ATLAS.ti glücklich werden – sofern die Lernkurve nicht abschreckt.
  • Wer einfache, visuelle Analysen ohne großes Einarbeiten sucht, ist bei Quirkos gut aufgehoben.


Bewertungsmatrix

Wichtig bleibt: Die beste Technologie ersetzt nicht die sorgfältige Forschungspraxis. Gute Insights entstehen durch präzise Fragen, kritische Interpretation und den Mut, auch gegen den ersten KI-Vorschlag nachzuhaken.

KI hilft, bessere Research-Prozesse zu bauen – aber sie braucht weiterhin Menschen, die die richtigen Fragen stellen.